Nach dem Abpfiff zeigte sich, wie im abstiegsbedrohten Fußball-Jena momentan die Nerven blank liegen.
Von Matthias Koch
Bremen. Fans und Spieler des FC Carl Zeiss lieferten sich nach dem leistungsgerechten 0:0 bei Werder Bremen II in Reichweite des Gästeblocks neben der Tribüne auf Platz 11 des Weserstadions ein verbales Scharmützel. "Ich wollte mich eigentlich für die Unterstützung bedanken. Wie man das halt auswärts macht. Ich musste mir dann Pöbeleien anhören", sagte Jenas Angreifer Sebastian Hähnge. "Dafür habe ich kein Verständnis. Dann können die auch zu Hause bleiben. Dann brauche ich die Unterstützung der Fans nicht."
Hähnge wurde zugerufen, zu viel Geld zu verdienen. Der überraschend in die Startelf georderte Mittelfeldmann Torsten Ziegner und Torhüter Carsten Nulle mussten sich anhören, nicht siegen zu wollen. "Ich muss mich hier beleidigen lassen. Die spinnen wohl. Ich fahre doch nicht umsonst fünf Stunden hier her", ereiferte sich Nulle. "Wir müssen uns alle nicht sagen lassen, dass wir nicht gewinnen wollen. Diese Aussagen der Fans sind fehl am Platz."
Zeiss-Trainer Wolfgang Frank machte das, was er schon seit Monaten in Jena versucht. Er engagierte sich als Vermittler, diesmal am Zaun im Gespräch mit den Fans, die sich selbst aber auch untereinander wegen der "Revolte" gegen einige Zeiss-Kicker in die Haare bekamen. Nach sieben Spielen ohne Sieg sieht Frank die Gefahr, dass sich Jena nun auch noch auf der Ebene der Fans zerfleischt.
"Es ist schade, dass man sich gegenseitig nicht mehr so respektiert. Das hängt immer vom Ergebnis ab. Vor vier, fünf Wochen war alles gut. Aber ich habe immer darauf hingewiesen, dass Rückschläge kommen können", meinte Frank. Vor dem Heimspiel am Sonnabend gegen Unterhaching strebt er eine Art Versöhnungstreffen mit den Fans an, von denen viele allerdings die Mannschaft durchgängig angefeuert hatten. "Wir müssen die Ruhe bewahren, seriös arbeiten und uns mit den Fans aussprechen", meinte Frank. "Ich denke, dass man etwas machen muss. Und das soll keine Durchhalteparole sein."
Der Leistungswille Jenas in Bremen war durchaus zu sehen. Vor 876 Zuschauern hatte Frank gegenüber dem 2:2 gegen Koblenz mit Ralf Schmidt, Felicio Brown Forbes, Torsten Ziegner und Nils Pichinot vier Neue von Beginn an aufs Feld geschickt. Dafür waren Josip Landeka (gesperrt), der lustlos wirkende Orlando Smeekes, Sören Eismann und Martin Ullmann draußen geblieben.
Neben dem verschossenen Strafstoß von Torsten Ziegner (50.) besaßen Aykut Öztürk (55., 71.) Brown Forbes (8.), Hähnge (63.) und Ziegner mit einem Freistoß (45.) genügend Chancen, die Partie siegreich zu gestalten. "Ich war sehr zufrieden mit der Einstellung und der Art, zu spielen. Wir haben bis auf den Schluss wenig zugelassen und hätten gewinnen können", meinte Frank. "Zudem hat Bremen am Mittwoch noch Spitzenreiter Braunschweig geschlagen und sich gegen uns aus dem Kader der Ersten noch verstärkt."
Da auch die Bremer durch Pascal Testroet (25., 81.), Jose Alex Ikeng (54., 85.) und Predrag Stevanovic (64./Latte) sehr gute Gelegenheiten ausließen, musste Jena am Ende mit einem Zähler zufrieden sein. Angesichts des nur vier Punkte betragenden Vorsprungs auf den ersten Abstiegsplatz war das für einige Zeiss-Fans in der derzeitigen Situation jedoch eindeutig zu wenig.